Berlin, 28. Dezember 2016. Zwei herausragende und bereits preisgekrönte Schriftstellerinnen aus Chile präsentieren in den kommenden Monaten ihre neuesten Werke in deutscher Übersetzung. Im Februar erscheint zuerst der Roman von Nona Fernández („Die Straße zum 10. Juli“). Im April kommt das Buch „Stumme Herzen“ von Carla Guelfenbein heraus.
Die Hauptfigur Greta in Nona Fernández‘ Roman zieht es immer wieder in die Straße zum 10. Juli. Es ist die berüchtigte Straße der Autoersatzteile verdächtiger Herkunft in Santiago de Chile. In Läden wie "Der Ersatzteilkönig", "Das Haus des Käfers" oder "Das Spiegelschloss" sucht sie akribisch Einzelteile zusammen, um den Schulbus zu rekonstruieren, in dem ihre Tochter ums Leben kam. Ihre Suche führt sie zunächst zu grausamen Wahrheiten der Gegenwart (ihr Mann hat eine neue Partnerin, die sein Kind erwartet) und dann zurück in ihre Vergangenheit und in das verlassene Haus ihrer Jugendliebe Juan, das als einziges Gebäude der Gegend trotzig den Abrissplänen einer Baufirma widersteht. Doch Juan ist verschwunden, so wie die Kinder der Colonia Dignidad verschwanden und so wie auch damals die Freunde, die in den 80er Jahren, gegen Ende der Militärdiktatur, an den Schüleraufständen in Chile beteiligt waren (...) Es ist das dritte Buch der Autorin, das nun auf deutsch erscheinen wird, nach „Die Toten im trüben Wasser des Mapocho“ (Roman, 2012) und „Der Himmel“ (Kurzgeschichten, 2014).
Nona Fernández, Jahrgang 1971, ist Schauspielerin, Schriststellerin und Drehbuchautorin. Sie wird literarisch in Chile der „Generation der Kinder“ zugeordnet, die ihre Erlebnisse der jüngeren Zeitgeschichte literarisch verarbeiten. Sie ist während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet aufgewachsen, ohne die politischen Umwälzungen und den Putsch selbst bewusst miterlebt zu haben.
Carla Guelfenbein wurde 1959 in Santiago de Chile geboren. Als Reaktion auf das Regime Pinochets verließ sie Chile und studierte in England Biologie und Design. Heute lebt sie als Schriftstellerin und Drehbuchautorin wieder in ihrer Heimat. Auf Deutsch erschienen bereits „Die Frau unseres Lebens“ sowie „Der Rest ist Schweigen“ und „Nackt schwimmen“. In ihrem vielstimmigen neuen Roman geht Carla Guelfenbein hauptsächlich einer Frage nach: Wie viel schulden wir den Menschen, die wir lieben?
Die Geschichte handelt von der legendären Schriftstellerin Vera Sigall, die im Alter zurückgezogen in ihrem Haus in Santiago de Chile lebt. Kaum jemand weiß von ihrer Verbindung zu dem berühmten Dichter Horacio Infante. In jungen Jahren hatten die beiden eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, feilten gemeinsam an ihren Texten, feierten erste kleine Erfolge. Doch erst Jahrzehnte später, als Vera nach einem Unfall im Koma liegt, kommt eine junge Studentin auf die Spur einer ungeheuren Wahrheit (...)
Schriftstellerin Nona Fernández (li.) bei einer Lesung in Deutschland; Buchcover Carla Guelfenbein (re.)